In dem Landstädtchen, in welchem ich aufgewachsen bin, hatte es vier Metzgereien. Schon als Kind bekam ich mit wie dort Tiere getötet und verarbeitet wurden.
Die Arbeit der Metzger fand ich interessant. Das Töten schon mal ein aussergewöhnlicher Akt. Danach aber das Wissen und das entsprechende Handwerk, was man alles aus dem Nutztier herausholen kann. Eh ja, wenn wir Menschen uns schon Nutztiere halten finde ich’s normal, dass man verwertet was irgendwie verwertet werden kann. Nach demTöten das Blut ablassen, danach das Fell abziehen, das entledigen von unbrauchbarem, das zerlegen mit schnellen, geschickten Händen und scharfen Messer, zuweilen schier ein artistischer Akt, später das würzen, verwursten usw. und schlussendlich der Verkauf mit all den leckeren Sachen in der Ladenauslage.
Ich esse gerne «Tierische Eiweisse», aber auf meinem Speiseplan hat Fleisch, Geflügel & Fisch keine besondere Wichtigkeit und ich kann längere Zeit darauf verzichten – bis es mich wieder mal gelüstet.
Meine Eltern führten einen Landgasthof und da hatten wir natürlich auch Hühner und Schweine. In dieser Umgebung bekam ich als Kind eine traditionelle Land-Koch-Kultur mit, wo vom Schlachtvieh nicht nur die Filets gegessen wurden, sondern alles was in guter Küche zu guter Mahlzeit verarbeitet werden kann. Abgesehen davon, dass einzelne Nutztiere neben Muskelfleisch und essbaren Innereien ja noch ganz andere nützliche Sachen liefern, wie zB. Fett, Borsten, Därme für Wursthäute, Fell respektive Leder usw.
Leider aber haben wir es so weit gebracht, dass gewisse Innereien wie zB. Hirn wegen BSE nicht mehr gegessen werden darf – das Resultat einer seelenlosen Misswirtschaft: überdüngen, überzüchten, falsche Fütterung, gesundheitliche Beschwerden, sehr viel Pharma, Schweineställe mit der Anschrift: Betreten verboten…
In den Metzgereien wurde damals das Töten mit verschiedenem Werkzeug vollstreckt. Mit dem Bolzen und dem Vorschlaghammer, mit dem Bolzenapparat, mit der Pistole, dem Gertel – je nach Tier und Grösse. Mir fiel auf, wie die Tiere oft auch nach präzisem Todesschuss noch zuckten und aufbegehrten und dass das wirkliche Ableben manchmal erst durch das aufstechen erfolgte. Diese Zeitspanne, mit all dem Leid und Stress, schmerzten jeweils auch mich.
Ich habe nie gefischt, aber ich habe als Jugendlicher viel für Fischer respektive für unser Restaurant Fische getötet, ausgenommen und für die Küche vorbereitet. Getötet habe ich jeweils mit einem Stock-Schlag ins Genick. Diesen Akt wollte ich immer gekonnt und schnell erledigen, aber manchmal musste ich nachschlagen und das war dann immer Schmerz und Stress sowohl für Fisch wie für mich. Immerhin waren die Fische stumm was man vorallem bei den Säugetieren nicht sagen konnte. Denen ihr Geschrei aus Schmerz, Angst und Panik stiess mir immer mitten in die Seele.
Was mir als Kind auch auffiel, dass angelieferte Tiere manchmal, in Vorausahnung ihres Schiksals, mit wahnsinnigem Stress und Angst reagierten. Je nach Metzgersfamillie, Angestellten und sowieso Grösse des Betriebes, verlief diese Phase von Anlieferung und Tötung ruhiger oder eben hektischer ab. Ich hab’s als Kind verschieden grob oder feiner erlebt – wohl wars mir in diesen heiklen Momenten nie. Gutes Handwerk, Verantwortung, Liebe und Achtung vor unseren tierischen Erden-Mitbewohner ist unabdingbar.
Als ich gut zwanzig Jahre alt war, wurde ich im Verzascatal Zeuge einer Schächtung. Ein Tessiner-Bergbauer wollte seine alte Geiss, welche ihm über viele Jahre Nachwuchs und Milch für Käse bescherte, metzgen. Der alte Bauer sas hinter dem Stall auf einem Stein und fütterte das Tier mit Heu, hat sie gestreichelt, hat mit ihr gesprochen – über eine halbe Stunde lang ging das Abschiednehmen, ruhig, zärtlich und friedlich. Dann har er sie umarmt und mit dem Messer einen gekonnten Schnitt durch Halsschlagader und Kehle gemacht. Das ging alles sehr schnell und äusserst ruhig. Kein Knall, kein Zucken, kein Schrei, kein Männer-Helden-Gehabe. Klar hat der Bauer das Tier gehalten, sehr innig sogar und so ist ihm die Geiss beim Ausbluten buchstäblich in den Armen «eingeschlafen». Das hat mir grossen Eindruck gemacht, denn so habe ich’s als Kind nie erlebt. Da nimmt ein alter Bauer Abschied von seiner alten Geiss, welche ihm über Jahre viel Nutzen brachte – voller Achtung, Liebe, Dank und Ehrfurcht vor Leben und Tod. Das ganze Ritual hatte etwas spirituelles.
In den grossen Schächt-Fabriken, wo für Juden und Moslems Schlachtvieh verarbeitet wird, läuft es natürlich anders. Dort erleiden die Tiere die selben Aengste, Stress, Panik und Demütigungen wie irgendwo in einer normalen Grossmetzgerei. In diesen Industriebetrieben wird anders kalkuliert, da gibt es keine tiefere Beziehung zum einzelnen Tier, da wird buchstäblich förderbandmässig abgeschlachtet, ob mit Stromstoss, Messer oder Schuss – die Rendite ist oberste maxime, alles andere hat da keinen Platz – mit andern Worten: Es wird zu viel Fleisch gegessen respektive zu viel gezüchtet / geschlachtet.
In einem Dorf zB., gienge es nach mir, müssten sich alle Fleischesser, genauer gesagt: die Konsumenten von tierischem Eiweiss, auf der Gemeinde einschreiben und wenn Bedarf ist, müsste bei den ortsansässigen Bauern abgeklärt werden wer ein Tier zum Schlachten bereit hätte. Das nächste Tier dürfte aber erst dann getötet werden, wenn das vordere aufgegessen ist und zwar nicht nur die sogenannten Leckereien, sondern auch die Innereien, einfach alles was für die Küche verwertbar ist. Das würde auch die Kochkultur wieder anheben, eh ja, es braucht mehr Wissen und Können, zB. einen Kalbskopf oder Kutteln zu verarbeiten als ein Steak in die Pfanne zu hauen.
Fleischkonsum ist für mich legitim, aber Haltung, Aufzucht, Schlachtung, Verarbeitung und Konsum muss ethisch neu überdenkt werden. Der weltweite Fleischkonsum ist zu einem brutalen, ober-kapitalistischen Gebahren verkommen. Es ist eine menschliche Arroganz sondergleichen, wie wir uns über die Tiere stellen, uns besser vorkommen, über sie bestimmen – wahnsinnig – traurig – zum kotzen – dabei könnten die Säugetiere schier unsere Geschwister sein.
Das Thema ist nicht neu, hat doch ein Grossteil der Intelligenzia, in allen Weltreligionen und bis weit ins antike Griechenland zurück, vor Fleischkonsum gewarnt – aus ethischen, moralischen und gesundheitlichen Gründen. In der Neuzeit kommen noch die Themen Oekologie und Oekonomie dazu. Die Summe aller Bedenken und Warnungen heisst somit: Die Menschheit hat sich und diesen Planet erst dann im Griff, wenn sie den Fleischkonsum im Griff hat.
Die globale Mega-Giga-Fleisch-Konsum-Industrie ist, genauso wie das Zinswesen und der Besitztum von Boden, buchstäblich vom Teufel, gehört zu den Grundübel auf dieser Welt und somit ausgemerzt.
Am Fleischkonsum offenbart sich die Menschheit aufs Gröbste: überheblich, gierig, machtstrebend ohne geringste Achtung vor der Schöpfungsgeschichte – mit oder ohne Gott.
Folgende Texte und Zitate sind aus der Broschüre: «Vegetarisch leben» von Ronald Zürrer / Armin Risi, Govinda-Verlag.
Aus dem Inhalt: Gesundheitliche Aspekte / Das traurige Los der Tiere / Misswirtschaft und Naturzerstörung / Ethische Aspekte / Vegetarismus und die Weltreligionen / Karma und Gottesbewusstsein.
Zu den bekanntesten ethischen Vegetariern gehören Buddha, Zarathustra, Pythagoras, Sokrates, Platon, Aristoteles, Horaz, Franziskus von Assisi, Leonardo da Vinci, Isaak Newton, Voltaire, Jean-Jacques Rousseau, Richard Wagner, Ralph Waldo Emerson, Leo Tolstoi, Wilhelm Busch, Georg Bernard Shaw, Rudolf Steiner, Mahatma Gandhi, Reiner Maria Rilke, Albert Schweitzer, Albert Einstein, Bertha Freifrau von Suttner, Franz Kafka, Isaac Bashevis Singer – (blos eine kleine Auswahl, Morelli) von den vielen prominenten Vegetariern der Gegenwart ganz zu schweigen.
Leonardo da Vinci: «Wahrlich ist der Mensch der König aller Tiere, denn seine Grausamkeit übertrifft die ihrige. Wir leben vom Tode anderer. Wir sind wandelnde Grabstätten!»
Leo Tolstoi: «Fleischessen ist ein Ueberbleibsel der grössten Rohheit; der Uebergang zum Vegetarismus ist die erste und natürlichste Folge der Aufklärung.»
Wilhelm Busch: «Wahre menschliche Kultur gibt es erst, wenn nicht nur die Menschenfresserei, sondern jede Art des Fleischgenusses als Kannibalismus gilt.»
Friedrich Nietzsche: «Die Vernunft beginnt bereits in der Küche.»
Georg Bernard Shaw: «Tiere sind meine Freunde, und meine Freunde esse ich nicht!»
Mahatma Gandhi: «Die Grösse und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt.»
Christian Morgenstern: «Wenn der moderne Mensch die Tiere, deren er sich als Nahrung bedient, selbst töten müsste, würde die Anzahl der Pflanzenesser ins Ungemessene steigen.»
Joseph von Görres: «Wer über das gewöhnliche Leben hinaus will, der scheut blutige Nahrung und wählt nicht den Tod zu seinem Speisemeister.»
Albert Einstein: «Nichts wird die Chance auf ein Ueberleben auf der Erde so steigern wie der Schritt zur vegetarischen Ernährung.»
Eugen Roth: » Es denkt der Mensch, zufrieden froh: Ich bin kein Schlächter, blutig roh; doch da der Mensch kein Wurstverächter, so trägt die Mitschuld er am Schlächter.»
Pythagoras: «Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt auf den Menschen wieder zurück.»
Leo Tolstoi: «Solange es Schlachthäuser gibt, wird es auch Schlachtfelder geben.»
Epilog: Ich will mit diesem Aufsatz nur sagen, dass zB. die oben erwähnte Broschüre und deren Inhalt für jeden Fleischesser einen Gedanken wert sein müsste – sofern er sich nicht vor seinem eigenen Handeln fürchtet…na dann, guten Appetit!